Kaum ein Sport oder Strategiespiel schafft es, Menschen derart zusammenzubringen wie Poker. Denn am Pokertisch zählt nichts außer der eigenen Spielstärke – Alter, Geschlecht, sozialer Status oder körperliche Einschränkungen spielen keine Rolle. Umso schöner, dass das Banco Bratislava regelmäßig Events wie das beliebte Deaf Poker Open veranstaltet und damit ein Zeichen für Inklusion setzt. Das Turnier für gehörlose Spieler zog auch in diesem Jahr wieder Teilnehmer aus ganz Europa an. Wir haben mit dem Gründer der Deaf Poker Slovakia Association, Ladislav Hlavatý, gesprochen.
Wie ist die Idee zur Gründung von Deaf Poker entstanden und was war der ausschlaggebende Impuls?
Poker wird in der gehörlosen Community schon seit Jahren gespielt, auch in Bratislava fanden sich Begeisterte zusammen. Die Anfänge waren allerdings schwierig: Oft begegnete man uns mit Skepsis oder sogar Ablehnung. Die typische erste Frage war eigentlich immer: Wie können Gehörlose bitte Poker spielen? Trotzdem haben wir nicht aufgegeben und zunächst kleinere Turniere innerhalb der Slowakei organisiert. Als wir eines Tages ein internationales Turnier für gehörlose Spieler auf die Beine stellen wollten, stießen wir schnell auf einige Hindernisse. Das war der Moment, in dem wir beschlossen, einen eigenen Verein – den Deaf Poker Club Bratislava – zu gründen. Seit 2018 sind wir offiziell aktiv und haben damit den Zugang zur internationalen Deaf Poker Community gefunden. Das war für uns der entscheidende Schritt.
Welches Ziel verfolgt eure Association und welche Pläne habt ihr für die Zukunft?
Unser klares Ziel war es von Anfang an, von den großen Verbänden WDPT und EDPT anerkannt und aufgenommen zu werden – inzwischen sind wir dort Mitglied. Unser Plan für die kommenden Jahre ist es, weiterhin regelmäßig an großen internationalen Deaf Poker Events teilzunehmen.
Mit welchen Herausforderungen musstest du bei der Organisation von Pokerturnieren speziell für gehörlose Spieler umgehen?
Bereits bei unseren ersten Turnieren haben wir nach und nach Schwachstellen in der Organisation entdeckt. Mittlerweile sind wir aber ziemlich routiniert und die Teilnehmerzahlen steigen jedes Jahr weiter an. Für uns ist das eine echte Motivation, immer weiterzumachen.
Wie funktioniert die Kommunikation zwischen Spielern und Dealern am Tisch, wenn es sich um gehörlose Teilnehmer handelt?
Inzwischen weiß praktisch jeder Dealer in der Slowakei, dass auch gehörlose Spieler Poker spielen. Es gibt sogar einige, die sich besonders auf unsere Mentalität eingestellt haben und sich problemlos mit uns verständigen können – manche mehr, manche weniger.
Bist du zufrieden mit dem diesjährigen Teilnehmerfeld beim Deaf Poker Open in Bratislava?
Die Anzahl der Teilnehmer steigt Jahr für Jahr. Leider hat uns in diesem Jahr der Konflikt zwischen Israel und Iran einige Spieler gekostet. Sechzehn angemeldete Teilnehmer konnten aus diesem Grund nicht anreisen. Wir geben aber alles, um nächstes Jahr wieder mehr Leute an den Start zu bringen.
Wie viele Spieler haben beim aktuellen 7. DPO mitgespielt und aus welchen Ländern kamen sie?
Insgesamt waren es 111 Spieler aus 20 verschiedenen europäischen Ländern. Die Ukrainer stellten das stärkste Kontingent – und am Ende ging auch die Main Event-Trophäe in die Ukraine.

Wie nimmst du die Deaf Poker Community in der Slowakei und weltweit wahr?
Man sagt ja: Andere Länder, andere Sitten. Bei uns steckt alles noch in den Kinderschuhen, wir sind aktuell der einzige Club in der Slowakei, in dem Mitglieder aus dem ganzen Land spielen. Ich hoffe, dass es bald weitere Clubs geben wird – in manchen westlichen Ländern, zum Beispiel Berlin, gibt es gleich sechs verschiedene Deaf Poker Clubs. Das ist der große Unterschied.
Wie reagiert die Mainstream-Poker-Community auf eure Aktivitäten?
Die meisten sehen uns als vollwertige Pokerspieler, aber es gibt vereinzelt auch Leute, die uns kritisch gegenüberstehen. Ich erzähle dir mal eine Anekdote: Ich habe mich für ein Turnier angemeldet, setze mich an den Tisch, und da sagt einer: „Ich spiele nicht gegen Gehörlose.“ Dann steht er auf und geht einfach!
Welche nächsten Stopps sind für das Deaf Poker Open geplant?
Einige von uns werden Ende August nach Valencia und eine weitere Gruppe nach Podgorica reisen. Im November steht dann das Mega-Event in Barcelona an. Letztes Jahr waren dort 505 Spieler aus der ganzen Welt dabei, und ich bin sicher, in diesem Jahr werden es sogar noch mehr. Wir freuen uns auf dieses Highlight!
Welchen Tipp gibst du gehörlosen Spielern, die vielleicht noch zögern, den ersten Schritt in die Pokerwelt zu wagen?
Poker bedeutet viel mehr als nur Karten spielen: Du lernst neue Kulturen kennen und kommst in der Welt herum. Für mich ist Poker das faszinierendste Spiel, das es überhaupt gibt!
Nach dem Gespräch haben wir uns noch mit Manager Ján Packa unterhalten – über die praktische Seite solcher Events, was das Personal wissen muss und wie er die Zusammenarbeit insgesamt einschätzt.
Magst du verraten, wie die Zusammenarbeit mit Deaf Poker begonnen hat?
Mit dem Deaf Poker Club Bratislava arbeiten wir als Banco Casino seit 2019 zusammen. Seitdem trifft sich die Community der gehörlosen Spieler mehrmals jährlich bei uns zum Poker.
War es für dich eine Herausforderung, das Turnier technisch und personell so anzupassen, dass es für gehörlose Spieler passt?
Oh ja, absolut. Unsere Dealer haben einen Crashkurs von den Mitgliedern der Deaf Community bekommen, in dem sie die wichtigsten Zeichen und Ausdrücke gelernt haben – dann konnte es schon losgehen. Im Grunde unterscheidet sich das eigentliche Spiel kaum vom „klassischen“ Poker: Wenn keine Chips mehr vor dir stehen, weißt du, dass dein Turnier vorbei ist :)
Siehst du diese Turniere als wichtigen Schritt in Richtung mehr Vielfalt in der Pokerwelt?
Poker ist in Sachen Inklusion wirklich ein Vorzeigebeispiel. Einzige Voraussetzung ist das Mindestalter von 18 Jahren – ansonsten gibt es keine Barrieren, keine Limits. Genau das macht Poker für mich so besonders: Jeder kann spielen, vom Hobbyspieler aus der Home Game Runde bis zum Vollprofi, der vom Poker lebt. Und wo sonst kann ein Freizeitspieler im direkten Duell einen Profi schlagen oder sogar aus dem Turnier werfen? Das ist einzigartig und macht Poker für mich einfach besonders.
Letzte Frage: Worauf dürfen sich Pokerfans in den nächsten Wochen im Banco freuen?
Der Sommer ist randvoll mit Poker-Action, es stehen einige große Highlights an: Am Ende des Juli wartet die Norwegian Week, gleich zu Beginn des Augusts folgt die Poker-SM Live Series. Beide Events holen eine riesige Zahl skandinavischer Gäste nach Bratislava, was für ordentlich Action auch an den Cash Game-Tischen sorgt. Der Höhepunkt der Sommersaison wird aber ganz klar der Polish Poker Cup: Für ein Buy-in von 140€ geht es erneut um mindestens garantierte 250.000€ im Preispool – aber wir wissen alle, dass am Ende garantiert noch viel mehr zu holen ist!