Schachmeister erobern den Pokertisch: Warum Schachspieler zum Poker wechseln (Teil 1)

Article cover

Das ist kein Zufall. Beide Spiele drehen sich um Strategie, Konzentration und die Fähigkeit, die Züge des Gegners vorauszusehen. Schachspieler sind es gewohnt, mehrere Züge im Voraus zu denken, Positionen zu analysieren und Fehler des Gegners auszunutzen. Genau diese Fähigkeiten zeichnen auch einen erfolgreichen Pokerspieler aus. Es ist kein Wunder, dass viele Schachgroßmeister im Poker eine neue Plattform finden, um ihre Fähigkeiten nicht nur in Siege, sondern auch in ein ansehnliches Preisgeld zu verwandeln. Doch warum ist Poker für Schachspieler so verlockend? Und welche Fähigkeiten bringen sie vom Schachbrett an den Pokertisch mit?

Schach und Poker gehören beide zu den Denksportarten, bei denen es nicht nur auf Glück oder das mechanische Wiederholen erlernter Züge ankommt. Es geht um eine Kombination aus Strategie, Planung und der Kunst, unter Druck die richtigen Entscheidungen zu treffen. Beim Schach steht der Spieler einem perfekt sichtbaren Gegner gegenüber und sucht den besten möglichen Zug in einer offenen Position. Beim Poker ist die Situation unklarer, die Karten sind verdeckt, aber das Prinzip bleibt dasselbe: Die Situation bestmöglich einschätzen und voraussehen, was der Gegner tun wird. Aufgrund dieser Ähnlichkeiten finden in den letzten Jahren immer mehr Schachspieler den Weg zum Poker. Einige spielen aus Spaß, andere sehen darin einen neuen Wettkampfraum mit attraktiven Belohnungen, aber alle vereint der gleiche Wunsch: Denken, analysieren und gewinnen.


Mentale Gymnastik: Fähigkeiten, die Schachspieler an den Pokertisch bringen

Schach und Poker erscheinen unterschiedlich, doch unter der Oberfläche haben sie mehr gemeinsam, als es scheint. Beide Spiele erfordern außergewöhnliches analytisches Denken und die Fähigkeit, mehrere Schritte im Voraus zu planen. Schachspieler sind es gewohnt, Positionen zu bewerten und den vorteilhaftesten Zug zu finden, und genau das Gleiche gilt im Poker, wo es darum geht, in jedem Moment die Situation am Tisch zu analysieren und sich an neue Informationen anzupassen.

Eine wichtige Fähigkeit ist auch die Mustererkennung, sei es bei sich wiederholenden Taktiken in einer Schachpartie oder der Art und Weise, wie ein Gegner bestimmte Kombinationen von Karten spielt. Erfahrene Schachspieler haben oft ein ausgezeichnetes Gedächtnis, das es ihnen ermöglicht, das Verhalten anderer Spieler zu bemerken und zu merken, was ihnen einen Vorteil verschafft. Außerdem hat sie das Schach diszipliniert, was sich beim Poker beispielsweise im Bankroll-Management widerspiegelt, also in der Fähigkeit, vernünftig mit Finanzen umzugehen, nicht übereilt zu spielen und rationale Entscheidungen zu treffen. Diese Kombination aus mentaler Stärke, Geduld und einem kühlen Kopf machen Schachspieler zu gefürchteten Pokerspielern.


Schachspieler, die am Pokertisch brillierten

Der Wechsel vom Schachbrett zu Pokerchips ist nicht nur ein theoretisches Gespräch. Es gibt echte Spieler, die diesen Schritt getan und in beiden Welten geglänzt haben. Eine der bekanntesten ist Qiyu „Nemo“ Zhou, eine kanadische Schachgroßmeisterin, die durch einen ungewöhnlichen Austausch von Schachlektionen gegen Pokerstunden beim legendären Fedor Holz in die Pokerwelt kam. Nicht lange danach tauchte Nemo auf prestigeträchtigen Turnieren auf, wo sie die gleiche Selbstdisziplin und analytischen Fähigkeiten wie beim Schach zeigte.

Zu den historisch erfolgreichsten gehört auch Ylon Schwartz, ein ehemaliger Schachmeister aus New York, der 2008 durch einen vierten Platz beim WSOP Main Event berühmt wurde und später auch ein goldenes Bracelet gewann, das Pendant zum Großmeistertitel im Poker.

Wir sollten auch Jeff Sarwer nicht vergessen, der als Kind die Schachwelt verblüffte und als Erwachsener auf der European Poker Tour (EPT) durch seine intelligente und undurchschaubare Spielweise Respekt gewann.

Ein weiterer bemerkenswerter Name ist Magnus Carlsen, der bei Schachfans keiner Vorstellung bedarf. Der fünfmalige Schachweltmeister spielt hin und wieder bei WSOP oder EPT mit, wo er zwar noch keine Trophäen gewonnen hat, aber durch seine Präsenz bestätigt, dass selbst das größte Schachgenie der Welt eine Schwäche für Poker hat – einem weiteren Spiel, bei dem der Verstand entscheidend ist.

Und dann ist da noch Jennifer Shahade, zweifache Schachmeisterin der USA, die neben dem Spielen auch Bücher schreibt, Schach und Poker bei Frauen popularisiert und als Pokerbotschafterin tätig ist. Ihren Intellekt nutzt sie nicht nur am Tisch, sondern auch in Büchern wie Chess Bitch oder Thinking Sideways, in denen sie die Welten der Spiele und des Lebens verbindet.


Zwei Spiele, ein Mindset

Ob Großmeister, die zu Stars der Pokertische wurden, oder Tausende von Amateuren, die vom Schach aufs Poker umsteigen – eines ist klar: Es gibt eine starke Verbindung zwischen diesen beiden Spielen. Schachspieler finden im Poker neue Herausforderungen, neue Formen des Wettbewerbs und nicht zuletzt Raum für Selbstausdruck jenseits der traditionellen Regeln der Schachhierarchie.

Aber diese Beziehung ist keine Einbahnstraße. Im zweiten Teil der Serie schauen wir uns die entgegengesetzte Richtung an, wie Schach das moderne Poker geprägt und beeinflusst hat. Von analytischen Ansätzen in der Spielweise über den Einfluss des Schachdenkens bis hin zu der Frage, warum „Schachdenken“ zur geheimen Waffe vieler erfolgreicher Pokerspieler wird. Bleib dran, die spannendsten Parallelen kommen noch. ♟️♦️

 

Quellen - flickr, thehendonmob, pokernews