Miloslav Novák: Eigentlich war ich aus Versehen hier – aber jetzt genieße ich es umso mehr

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Im Interview erzählt er, wie aus purem Zufall sein Poker-Comeback wurde, warum für ihn Bankroll Management heute das A und O ist, und wie das Leben eines Spielers aussieht, der es ernst meint – dabei aber die Freude am Spiel nie aus den Augen verliert.

 

Hey Milo, wie kam es denn eigentlich, dass du überhaupt beim The Festival Rozvadov gelandet bist?

Ganz ehrlich? Komplett zufällig. Auf Fortuna habe ich mich aus Versehen eingeloggt und direkt in ein 25-Cent-Satellite eingeklickt. Dort habe ich ein Package gewonnen, darin war das Ticket für das Main Event, ein Hotelzimmer und das ganze Hospitality-Programm enthalten.

Was hat dir an dem Aufenthalt am meisten gefallen?

Am meisten genieße ich einfach die Atmosphäre vor Ort. Als ich 2013 zuletzt hier war, war alles ganz anders – nur ein paar Poker-Tische, kein Hotel, kaum etwas los.

Wie hat deine Pokerreise eigentlich begonnen? Erinnerst du dich noch an die ersten Schritte?

Ich habe etwa mit 16 angefangen, zusammen mit Freunden im Internat. Damals hatten wir keine Ahnung, was Bankroll Management eigentlich ist oder wie die Pokerszene funktioniert. Wir haben wild gespielt und waren regelmäßig broke. Erst Schritt für Schritt habe ich dazu gelernt – erst über Videos, dann durch Foren und alles, was ich irgendwie lesen konnte.

Gab es in der Anfangszeit größere Erfolge?

Ja, in der Phase habe ich vor allem Cash Games gespielt und hatte ein paar ordentliche Scores, auch mal mehr als 100.000 Kronen. Wir haben viel in Prag gespielt, zum Beispiel am Smíchov. Das war eine echt gute Zeit, aber danach hatte ich eine fast zehnjährige Pause.

Warum hast du aufgehört – gab es einen bestimmten Grund?

Ganz ehrlich: Ich war ausgebrannt und musste mir eine Pause gönnen. Erst Jahre später hat ein Freund mich gefragt, ob ich noch spiele, und da hab ich gemerkt, wie sehr mir das Ganze doch gefehlt hat. Ich dachte: "Okay, ich logge mich wieder bei Stars ein."

Was hat sich seit deinem Comeback am meisten verändert?

Ich bin einfach viel entspannter geworden und begegne Poker mit mehr Demut. Sogar Papierkram musste ich machen – in Tschechien muss man sich offiziell als Spieler registrieren, um legal zu spielen. Kaum hatte ich das erledigt, kam die Nachricht, dass PokerStars sich aus Tschechien zurückzieht. Also bin ich zu Fortuna gewechselt. Mein erstes Turnier dort war ein 25€ Friday BountyKing – direkt auf Anhieb gewonnen und für den ersten Platz 95.000 Kronen mitgenommen. Ab da war ich wieder voll dabei.

Wo in Tschechien spielst du besonders gerne Poker?

Ich spiele meistens im Babylon Casino Liberec. Die Turniere dort sind eher klein, aber ich habe nur eine halbe Stunde Fahrt. In Prag ist die Szene fast tot, viele Casinos haben zugemacht.

Erinnerst du dich an einen Moment, der deine Pokerlaufbahn komplett verändert hat – an einen echten Gamechanger?

Ich war damals verschuldet und meine Eltern hatten keine Ahnung. Auf PokerStars hatte ich noch meine letzten 10$. Ich habe mich in ein Turnier mit 27.000 Teilnehmern eingekauft – nach 14 Stunden Spiel habe ich das Main Event gewonnen und 25.000$ kassiert. Da habe ich mir geschworen: Nie wieder ins Minus! Mit 18, 19 hatte ich das größte Problem – ich verstand Bankroll Management nicht. Am Ende war ich immer broke.

Wie sieht Bankroll Management heute bei dir aus?

Ich halte immer mindestens 100 Buy-ins zurück. Wenn ich unter diese Marke rutsche, gehe ich sofort eine Stufe runter. Viele Spieler halten das nie durch und fangen jedes Mal wieder bei Null an. Ich bezahle fast alle Turniere selbst bis 20€, die teureren nur über Qualis – langfristig ist das einfach am sinnvollsten.

Wie sieht denn ein typisches Pokerwochenende bei dir aus?

Freitags Qualifikation, samstags noch eine, und sonntags dann meine klassische Session. Manchmal spiele ich bis zu 15 Stunden am Stück. Beim Main Event vom The Festival bin ich drei Plätze vor dem Geld gebustet – das war schon ein Schlag und ich konnte danach fast nicht schlafen.

Was machst du, wenn es mal gar nicht läuft?

Ich mache Pause und bringe erst mal meinen Kopf wieder in Ordnung. Mit einem klaren Mindset muss man spielen. Wenn privat etwas schief liegt, kümmere ich mich um die Basics, bevor ich wieder zocke. Zuletzt habe ich drei Wochen Pause eingelegt, weil einfach zu viel los war. Ich spiele auch nie auf Tilt – das Coole ist, dass Fortuna heute ein Knopf hat, mit dem du dein Konto für 48 Stunden sperren kannst. Musste ich auch schon öfter nutzen, wenn ich merkte, es reicht. Erst wenn ich wieder ruhig bin, geht es weiter.

Was fasziniert dich am meisten an Poker?

Das Zocken habe ich von klein auf im Blut. Im Internat haben wir Kartenspiele gesuchtet und ich war auch im Schachverein. Was mich reizt, ist die Strategie, die Entscheidungen, das ganze Mind Game. Früher habe ich auch klassische Strategiespiele wie Age of Empires gesuchtet. Bei Live-Turnieren kannst du die Leute lesen, ihr Verhalten beobachten und viel mit Statistik arbeiten.

Bildest du dich heute noch weiter?

Klar, immer. Jeden Sonntag schaue ich Streams von tschechischen Spielern wie Prasátko, David, Sprachy; lese Artikel auf SpadePoker, PokerTime… Überhaupt lernt man ständig aus Livestreams der großen Turniere, zum Beispiel von der WSOP.

Wie schätzt du deine Chancen bei großen Turnieren ein?

Man muss realistisch bleiben. Es ist zwar ein tolles Gefühl, sich für ein Turnier über ein paar Cent beim Satellite zu qualifizieren, aber wenn da tausende Spieler sitzen, sind die Chancen einfach gering. Im kleineren Feld hat man echte Chancen, was zu treffen. Ein Big Hit ist natürlich super, aber eigentlich fast wie ein kleines Wunder.

Was ist für dich die wichtigste Regel für jeden Poker-Spieler?

Nicht auf Tilt spielen. Das ist am schwierigsten – aber gleichzeitig das Allerwichtigste. Wenn dich die Emotionen auffressen, willst du das Geld sofort zurückholen und machst dumme Fehler. Man muss lernen, die Gefühle zu kontrollieren und das richtige Mindset zu haben.

Was hat dich als Spieler am meisten weitergebracht?

Ich habe gelernt, alles entspannter zu sehen. Früher habe ich mich nur auf Ergebnisse fokussiert – heute liegt mein Fokus auf dem Prozess. Ich weiß: Entweder komme ich am nächsten Tag mit frischem Kopf zurück oder ich mach‘ Pause, statt es zu erzwingen.

Milo, danke dir fürs Gespräch und weiterhin viel Erfolg!