Vom Märchen zum bitteren Erwachen
Der Finaltisch des beliebten Turniers GGMillion$ mit einem Buy-in von 10.300$, der am 11. November stattfand, brachte einen weiteren aufregenden Moment. Der mongolische Spieler „Hinaru“ trat als Chipleader mit 68bb an, und für viele Fans war es die perfekte Geschichte – ein unbekannter Spieler aus einem exotischen Land, der sein Leben durch einen tiefen Run verändern könnte.
Doch gleich von der ersten Hand an lief etwas schief. Hinaru saß von Beginn an im Sit-out, seine Zeit lief ab und die Blinds fraßen seinen Stack langsam auf. Im Livestream begannen bald die ersten Spekulationen. Internetausfall? Ein technisches Problem? Oder einfach nur verschlafen? Kommentator Jeff Gross deutete während des Streams nur an, dass der „Chipleader heute aus dem Spiel geblindet wird aufgrund von Game Integrity“. Die offizielle Antwort kam später und fiel härter aus, als irgendjemand erwartet hatte.
Ghosting, Account-Sharing und das harte Urteil von GGPoker
Gestern veröffentlichte GGPoker eine offizielle Stellungnahme, in der bestätigt wurde, dass am 9. November, während des ersten Tages des GGMillion$, das Sicherheitsteam den Account von Hinaru identifizierte, der von einer anderen Person als dem registrierten Kontoinhaber gesteuert wurde. Eine interne Untersuchung bestätigte, dass der zweite Spieler Hinarus Konto während des gesamten Turniers nutzte – ein klassisches Beispiel von „Ghosting/Account Sharing“, das in den Regeln von GGPoker streng verboten ist. Der Betreiber bezeichnete dies als schwerwiegenden Verstoß gegen die Security & Ecology Policy und betonte klar, dass jeder Spieler ausschließlich auf seinem eigenen Konto spielen muss, ohne Ausnahme.
Nach Bestätigung der Verdachtsmomente sperrte GGPoker Hinarus Konto noch vor Beginn des Finaltisches und verhängte einen permanenten Bann sowohl gegen den Kontoinhaber als auch gegen den Spieler, der ihm zufolge ghostete. Zusätzlich wurden beide auch auf allen Partnerplattformen von GGPoker gesperrt. Hinarus Stack wurde am Finaltisch passiv geblindet, bis er schließlich auf Platz 5 ausschied. Das Preisgeld von standardmäßig 115.752$ wurde jedoch nicht auf sein Konto überwiesen – gemäß der sogenannten Reconciliation Policy wird dieser Betrag von 115.752$ unter den „ehrlichen“ Teilnehmern des Turniers neu aufgeteilt.
Im Schlussteil der Stellungnahme verschärfte GGPoker den Ton: Account Sharing und Ghosting wurden als Verstöße mit dauerhaften Konsequenzen bezeichnet, und der Anbieter versprach, weiterhin in Erkennungssysteme zu investieren und „vor, während und nach Turnieren“ einzugreifen, wenn nötig, um die Integrität des Spiels zu schützen. Der Fall Hinaru kam nur wenige Wochen nach dem Skandal um den Spieler mit dem Nick „RealOA“ und den chinesischen High Stakes Pro Tony „Ren“ Lin, über den wir euch bereits informiert hatten.
Der Triumph von Mateos im Schatten des Skandals
Während sich der leere Avatar des Chipleaders stillschweigend in der Ergebnisliste nach unten bewegte, spielte der Rest des Finaltisches um große Summen und das Prestige des GGMillion$. Der spanische Phänomen Adrian Mateos begann mit dem kleinsten Short Stack von 20 Blinds, zeigte aber erneut, warum er zu den besten Turnierspielern der Welt gehört. Geduldig überstand er die mittlere Phase, gewann einen entscheidenden All-in mit Assen gegen Sechsen und drehte im Heads-up das ungünstige Stack-Verhältnis gegen Aleks Ponakovs. Für seinen sechsten Titel im GGMillion$ kassierte er schließlich 306.251$.
Ergebnisse des Finaltisches GGMillion$ (10.300$ GGMillion$):

Schutz, Bans und die Zukunft des Online-Pokers
GGPoker baut schon seit längerem das Image einer Plattform auf, die bereit ist, radikal gegen Betrug vorzugehen. In der Vergangenheit wurden Zahlen über Dutzende permanent gesperrter Konten wegen der Nutzung von RTA-Tools oder Ghosting veröffentlicht. Ab 2024 gehört zudem die Marke World Series of Poker zu GGPoker, was bedeutet, dass Online-Bans auch auf die prestigeträchtigste Live-Serie der Welt übertragen werden können – Fedor Holz bestätigte bereits früher, dass zumindest ein Teil der Online-Bans auch Auswirkungen auf die Teilnahme an der WSOP haben wird.
Was bedeutet das für die Zukunft? Für Spieler heißt es, dass Ghosting, Account-Sharing oder irgendeine Form der versteckten Hilfe keine „Grauzone“ mehr sind, sondern ein sehr reales Risiko, sein Konto, seine Bankroll, aber auch den Zugang zur WSOP zu verlieren. Und obwohl solche Fälle kurzfristig das Ansehen einer Marke trüben, ist die harte Haltung gegen Betrug langfristig der einzige Weg, das Vertrauen der Spieler und der Öffentlichkeit zu erhalten.
Die Geschichte von Hinaru hätte ein 'Moneymaker'-Märchen der modernen Online-Poker-Ära sein können. Stattdessen wurde sie zu einem Paradebeispiel dafür, was passiert, wenn jemand versucht, die Regeln zu umgehen. Und die Botschaft für alle, die an den Online-Tischen sitzen, ist einfach: Für sich selbst spielen, fair spielen – oder gar nicht spielen.
Quellen – 2+2, GGPoker, PokerNews, PokerListing, X