Von der Abstimmung zu Turnieren – Binions-Evolution
Nach dem unscheinbaren Debüt der WSOP im Jahr 1970, bei dem der Champion durch eine einfache Abstimmung gewählt wurde, wusste Benny Binion, dass Poker mehr Drama brauchte. Cash Games waren für Spieler toll, aber für Vegas nicht aufregend genug. Binion erkannte, dass Poker zur Show werden musste. Seine Gedanken wurden durch einen Artikel in der Los Angeles Times bestätigt, der nach dem ersten Jahresdurchgang erschien. Reporter Ted Thackrey Jr. bezeichnete Cash Games als langweilig. Würde es jedoch einen Weg geben, sie in einen Wettbewerb zu verwandeln, würde es Aufmerksamkeit erregen.
Deshalb führte Benny Binion die ersten Freezeout-Turniere ein – ein Format, bei dem Spieler eliminiert werden, sobald sie ihre Chips verlieren, bis ein Sieger übrig bleibt. Einer Legende nach kam Amarillo „Slim“ Preston mit der Idee zu Binion, einer anderen zufolge war es Puggy Pearson. Die Geschichte hat gezeigt, dass es eine geniale Idee war, unabhängig davon, wer sie hatte.

Minimale Teilnahme
In der ersten Maihälfte 1971 fanden im Binion's Horseshoe fünf Events statt. Die ersten vier mit einem Buy-in von 1.000$ und zum Abschluss ein Main Event mit einem Buy-in von 5.000$. Die Anzahl der Spieler war gering und kann mit den heutigen Zahlen nicht verglichen werden. Nur 6 Spieler traten zum Main Event an und in den Side Events heißt es, dass jeweils ca.10 Spieler teilnahmen. Doch die Qualität überwog die Quantität. Man konnte die größten Poker-Asse in Aktion sehen, wie Johnny Moss, Doyle Brunson, Puggy Pearson, Jack Straus und Bill Boyd.
Paradoxerweise war die Teilnahme geringer als im ersten Jahr der World Series of Poker. Der Grund war, dass während der WSOP 1971 in Las Vegas auch Cash Games mit hohen Einsätzen stattfanden. Tausende Dollar wechselten den Besitzer an den Tischen. Amateure aus ganz USA kamen, um ihr Glück in der Wüstenstadt zu versuchen. Für echte Road Gambler waren solche Cash-Games der Himmel auf Erden. Selbst Amarillo Slim, dem zugeschrieben wird, das ganze Turnierformat erfunden zu haben, meldete sich nicht zum Main Event an und zog es vor, Touristen zu schlagen.
Im Jahr 1971 wusste noch niemand, dass das goldene Bracelet der WSOP eines Tages Millionen und ewigen Ruhm bedeuten würde.

Ablauf der Serie und Moss’ Eintrag in die Geschichte
Am 6. Mai eröffnete das 1.000$ Limit Seven-card Stud die Serie. Der erste Sieger des Turnierformats war Puggy Pearson, ein Road Gambler, bekannt für sein freches Bluffen und psychologisches Spiel. Dieser Triumph war für Pearson bei der WSOP nur der Anfang, seine berühmtesten Momente kamen jedoch erst zwei Jahre später.
Am zweiten Tag holte sich Jimmy Casella den Sieg im 1.000$ Limit Razz. Am dritten Tag begann Bill Boyds Dominanz im 5 Card Stud. Boyd holte in den nächsten drei Jahren in diesem Spiel den Titel. Die WSOP stellte das Turnier später ein und bis heute wird scherzhaft gesagt, dass Boyd selbst schuld war. Er war so gut, dass niemand mehr Lust hatte, gegen ihn zu spielen und vor allem zu verlieren.
Am 9. Mai fand das 1.000$ Limit Ace-to-Five Lowball statt und hier glänzte Johnny Moss. Für den WSOP-Sieger von 1970 war es jedoch nur der Vorgeschmack auf das Main Event. In diesem trafen sechs Elite-Spieler aufeinander: Johnny Moss, Jack Straus, Doyle Brunson, Jimmy Casella, Puggy Pearson und Sailor Roberts. Die Qualität der Spieler zeigt sich daran, dass fünf von ihnen später das Main Event gewinnen konnten.
Das Freezeout-Format bedeutete, dass der Sieger alles mitnahm und Johnny Moss bewies, dass die Abstimmung im letzten Jahr wirklich den besten bestimmt hatte. Moss wurde der erste Spieler in der Geschichte, der zwei Main Events in Folge gewann und auch zwei Turniere innerhalb eines Jahres.

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Turnier |
Entries |
Sieger |
Gewinn |
|
Event #1: $1 000 Limit Seven-card Stud |
10 |
Puggy Pearson |
10.000$ |
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Event #2: $1 000 Limit Razz |
10 |
Jimmy Casella |
10.000$ |
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Event #3: $1 000 No Limit Five-card Stud |
10 |
Bill Boyd |
10.000$ |
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Event #4: $1 000 Limit Ace-to-Five Lowball |
10 |
Johnny Moss |
10.000$ |
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Event #5: $5 000 No Limit Hold'em Main Event |
6 |
Johnny Moss |
30.000$ |
Das Experiment hat sich gelohnt
Die WSOP 1971 war nicht von großen Zahlen geprägt, sondern von einem Experiment, das funktionierte. Benny Binion wollte eine Show bieten und das gelang ihm. Auch wenn beim Main Event nur sechs Spieler am Tisch saßen und insgesamt nur fünf kleine Turniere stattfanden, änderte das Jahr 1971 alles. Ohne diese kleinen Schritte würde es die heutige WSOP nicht geben. Das Freezeout-Format funktionierte einfach. Die Eliminierung brachte Spannung. Und Poker war nie wieder nur endlose Cash Games im Hinterzimmer.
Mehr aus der Geschichte der WSOP
Die Geschichte der WSOP: 1970 - Der erste Weltmeister wurde durch eine Abstimmung gewählt
Quellen: WSOP, Wikipedia, PokerListings, The Hendon Mob, Les Chroniques de Vegas