Daniel Negreanu ist eine der ikonenhaftesten Persönlichkeiten, die Poker je hatte. In einem offenen Gespräch im GTO Lab Podcast spricht er über den Übergang zwischen zwei Epochen des Pokers, seine Transformation von einem „tighten Spieler“ zu einem analytischen Spielstil und was er aus dem Duell mit Doug Polk gelernt hat. Diese Episode ist voller Ehrlichkeit, Selbstironie und Einblicke, die man in dieser Form nur selten von einem Spieler seines Kalibers zu hören bekommt.
Wie Kid Poker zu DNegs wurde
Zu Beginn des Interviews blickt Negreanu auf seine Anfänge zurück – auf eine Zeit, in der sich seine gesamte Strategie um die einfache Regel drehte, „nicht unnötig zu bluffen und vor allem nicht alles zu verlieren“. Wie er lachend zugibt, hat er im Jahr 2004, als er „alles gewonnen hat, was es zu gewinnen gab“, nur einen einzigen Bluff gespielt.
Im Gespräch erzählt er auch, wie das, was jahrelang funktionierte, plötzlich nicht mehr ausreichte. Seine Gegner hörten auf, seine Value Bets zu bezahlen, das Spiel änderte sich, und er erkannte, dass auch er sich ändern musste. In einer entscheidenden Erinnerung spricht er über den Moment, als er bei den Poker Masters von Stephan Sontheimer „total überrollt“ wurde, der während des Spiels Begriffe nutzte, die Daniel nicht verstand. Genau da wurde ihm klar, dass er, um mit der Elite mithalten zu können, neue Werkzeuge, Solver und vor allem Demut annehmen musste.

KI, Fitness, Schlaf und Lebensbalance
Heute bewegt sich Negreanu an der Schnittstelle zwischen der alten Schule, modernen Solver-Ansätzen und extrem talentierten aktuellen High-Stakes-Spielern. Er spricht darüber, wie er Materialien von Nick Petrangelo oder Darren Elias studiert, Streams verfolgt und auch nach drei Jahrzehnten nach neuen Ideen sucht. Er beschreibt, wie sich seine Definition von Erfolg verändert: Es geht nicht um die Anzahl der Bracelets oder um die Hall of Fame, sondern um die Fähigkeit, Jahr für Jahr mit den besten Spielern zu konkurrieren, durch Downswing-Phasen zu kommen und sich nicht zu scheuen, in entscheidenden Momenten „den Abzug zu betätigen“.
Das Interview geht weit über die Pokertische hinaus. Negreanu spricht offen über seine Faszination und Bedenken bezüglich KI – von Neuralink bis hin zu Algorithmen, die mit eigener Agenda öffentliche Debatten beeinflussen können. Er beschreibt auch sein Leben während der WSOP: Sieben Wochen Chaos, wenig Schlaf, viel mentale Belastung. Er gibt zu, dass Schlaf für ihn oberste Priorität hat, während er während der Serie das Training einschränkt und sich auf Regeneration konzentriert. Fitness sieht er als notwendige Vorbereitung vor der Serie, nicht als Ergänzung währenddessen.
In einer der ehrlichsten Passagen spricht er über den Kampf mit seinem eigenen Ego: „Ich will nie der alte Typ sein, der über die Jungen meckert. Ich muss mich mit dem Spiel verändern, nicht dagegen ankämpfen.“ Ebenso offen beschreibt er, wie seltsam es war, wieder „das Bluffen zu lernen“ nach Jahren des konservativen Spiels: „Die ersten Bluff-Spots taten weh. Es war nicht das Geld, das ich verlor – ich verlor die Identität, an die ich mich gewöhnt hatte.“
Am Ende des Gesprächs richtet sich der Fokus auf die Zukunft. Negreanu gibt zu, dass er mehr in Balance leben möchte – weniger FOMO, mehr Qualität. Er erzählt, wie ihm der Daniel vor 10 Jahren geraten hätte, „nicht jedem Event nachzujagen“, und der moderne Daniel versucht, diese Lektion endlich zu beherzigen. Gleichzeitig betont er, dass er nie aufhören wird zu lernen und dass gerade die Fähigkeit zur Anpassung der Grund ist, warum er nach dreißig Jahren immer noch High Stakes spielt und gewinnt. Seine Hauptbotschaft ist klar: Langlebigkeit im Poker ist kein Geschenk, sondern ein Handwerk.
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Quellen – Podcast GTO Lab, PGT, Poker Listings