Beyond Poker: Liv Boeree - Von EPT-Legende zur KI-Warnerin

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Game Theory vs. globaler Tilt
 

Für Liv Boeree war Poker nie nur ein Kartenspiel. Ihr Erfolgsgeheimnis? Systeme lesen. Reaktionen, Incentives, Strategien – genau das analysiert sie jetzt am Entstehungslabor der künstlichen Intelligenz. Sie sagt selbst: Unsere Welt erinnert aktuell an ein High Stakes-Turnier, an dem keiner zurückfallen will. Doch wenn alle das Gaspedal voll durchdrücken, verlieren am Ende alle.

In ihrem TED-Talk The Dark Side of Competition in AI vergleicht sie das KI-Wettrennen mit einer nicht stoppbaren Competition. Unternehmen, Staaten, Forscher – alle wollen vorne sein. Wer auch nur kurz auf die Bremse tritt aus Sicherheitsgründen, wird überholt. Genau wie am Pokertisch: Niemand will dem Gegner eine Freecard geben.

„Das ist, als würde jeder nach dem Motto 4-bet or fold spielen – nur dass am Ende nicht ein Sieger bleibt, sondern alle gemeinsam untergehen.“ Ihr zentrales Konzept: der Moloch-Effekt. Ein System, in dem alle für den eigenen Vorteil spielen – und dennoch dabei gemeinsam verlieren. Wie wenn alle ständig zu light 3-betten, weil die Dynamik es erzwingt – das Resultat: ein kollabierendes Game.


Vom Pokerprofi zur Krisenrednerin
 

Bei der WSOP sieht man Liv in den letzten Jahren eher selten. Eine Ausnahme war die WSOP Paradise auf den Bahamas im vergangenen Jahr – dort feierte sie ein Traum-Comeback auf die große Poker-Bühne und holte im Super Main Event Platz 4 für stolze 2.800.000$.

Statt an Table zu grinden, siehst du sie heute als Speakerin auf TEDx-Bühnen und als Host ihres YouTube-Channels Win-Win. Man könnte sagen: Deep Run fürs Gehirn – Gespräche mit Wissenschaftlern, Philosophen, Security-Experten. Themen wie Realitätssimulation, gesellschaftliche Dilemmas, Anreizsysteme. Liv spricht dabei nicht nach Uni-Skript – sie spricht wie ein echter Pokerpro: Entscheidung, Risiko, Optimierung. Verstanden von jedem, der schon mal Karten in der Hand hatte.


Pokerskills als Survival-Kit
 

GTO – also Game Theory Optimal – bedeutet im Poker: Mit der perfekten Strategie bist du nicht zu schlagen. Im besten Fall kann dich der Gegner nur noch ausgleichen. Doch Liv Boeree stellt klar: Im echten Leben reicht ein GTO-Ansatz längst nicht aus.

Die Entwicklung von KI wirkt wie eine hyper-aggressive Cash Game-Runde ganz ohne Floor. Jeder spielt auf maximale Edge, alle pushen in Richtung Fortschritt. Doch niemand weiß, was als Nächstes am Turn kommt – oder was der River bringt. „Das ist kein heads-up zwischen zwei Profis. Das ist ein 8-way Multiway Pot, in dem niemand weiß, wer in Position sitzt und was die Nuts sind.“ Der größte Gegner? Kein Player, kein Unternehmen. Sondern Moloch – ein System, das niemand wirklich will, das aber alle unbewusst zum All-in treibt.


Wenn Gewinnen nicht reicht
 

Liv Boeree zeigt, dass nicht alles eine Frage von Sieg oder Stackgröße ist. Manchmal geht es schlicht darum, ob es überhaupt noch was zu spielen gibt. Eine Welt, in der KI ohne jegliche Kontrolle nach vorne marschiert, erinnert an einen Wildwest-Tisch – ohne Dealer, ohne Regeln. Und genau deshalb ist eine Stimme wie die ihre, jemand mit echter Pokerkompetenz, heute wichtiger denn je.

Für Liv ist Poker mehr als Karten – es ist ein Mindset. Und gerade dieses Denken hilft dabei, die Fehler der Menschheit auch abseits des Casinos zu erkennen. Wenn Poker eine Schule für Logik, Entscheidungsfindung und Coolness unter Druck ist, dann ist jetzt der Moment, diese Skills auch off-table anzuwenden. Denn manche Games sollten nicht gewonnen, sondern neu gespielt werden.

 

Quellen – YouTube, PokerNews, TED, Instagram