Beyond Poker: Chamath Palihapitiya – „Das Ergebnis kann schlecht sein, aber den Prozess kannst du beeinflussen

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Von Facebook bis zu TV-Cash Games

Chamath Palihapitiya ist ein Name, der im Business mit Risikokapital und großen Tech-Geschichten verbunden wird. Doch beim Poker wird er regelmäßig zu „einem von uns“ – einem Spieler, der gerne spielt, wo Ego keine Rolle spielt und jede Entscheidung ihren Preis hat. Der Kanadier, geboren in Sri Lanka, machte Karriere in den USA, wo er bei Winamp und später bei Facebook arbeitete, wo er zum Wachstum des Unternehmens beitrug, bevor er 2011 seinen eigenen Weg ging.

Nach seinem Weggang von Facebook gründete er die Investmentfirma Social Capital und wurde zu einer bekannten Figur in der Finanzwelt. Poker liegt ihm ebenso wie Verhandlungen: Er sieht es als Training für das „wirkliche Leben“, wo Mathematik, Psychologie und die Fähigkeit, Varianz ohne Ausreden zu ertragen, zusammenkommen.

Palihapitiya trat auch in High-Stakes-Formaten auf PokerGO vor die Kameras – zum Beispiel in Poker After Dark oder High Stakes Poker, wo Blinds von 400$/800$ gespielt wurden und der Druck in jedem Pot spürbar war. Er gehört zu denjenigen, die ihren Weg zu den teuersten Cash-Games finden. Dennoch ist er den Pokerfans am meisten bekannt, wenn er bei der World Series of Poker auftaucht, wie zum Beispiel 2023 beim 100.000$ High Roller.

Ein Fehler, welchen du in Statistik nicht siehst

Auch Chamath durchlief eine Phase im Leben, die paradox erscheint: Mit 34 wurde er Selfmade-Milliardär, erlebte jedoch Depressionen. Nicht, weil ihm etwas fehlte, sondern weil er sich mit Leuten verglich, die es vor ihm geschafft hatten, und daraus ein Ranking seiner eigenen Werte machte.

Pokerspieler kennen diesen Mechanismus. Manchmal gewinnt man, fühlt sich aber schlechter als in Zeiten, in denen man verloren hat. Ein Grund genügt: Jemand anders hat eine bessere Grafik, einen besseren Screenshot, einen größeren Erfolg. Plötzlich wird das eigene Leben zu einer fremden Liga. Chamath nennt es treffend: "Geld und Glück sind nicht direkt verbunden. Was einen kaputt machen kann, ist die Vorstellung, dass es nie genug ist."

Welche Parallele sieht er zwischen Poker und Investieren? Er äußert sich dazu mit einem Satz, der in jedem Pokerraum und Büro aufgehängt sein sollte: „War mein Prozess richtig?“ Diese Frage befreit den Spieler von Ausreden. Varianz ist eine bequeme Geschichte, genauso wie „Ich hatte einfach Pech“. Manchmal stimmt das, aber oft ist es nur eine Maske dafür, dass wir etwas falsch gemacht haben, nur wollen wir uns nicht eingestehen warum.

Der Prozess ist hart, weil er persönlich ist. Er zwingt dich, deine eigenen Entscheidungen, Emotionen und Disziplin zu betrachten. Das Ergebnis kann schlecht sein, aber der Prozess ist das Einzige, was du real selbst beeinflussen kannst.

Edge ist kein Talent - Edge ist der Unterschied in den Fehlern

Wenn Chamath Poker und Leben vergleicht, verwendet er eine einfache Gleichung: „Deine Fehler minus meine Fehler.“ Es ist weder romantisch noch beschönigt, aber es ist genau. In jedem Spiel mit Unsicherheit besteht der Vorteil oft darin, weniger Fehler zu machen als die Gegner. Oder kleinere, oder in günstigeren Momenten. Das ist auch eine unangenehme Nachricht für das Ego. Denn das Ego will glauben, dass wir gewinnen, weil wir „besser“ sind – nicht weil wir Glück hatten.

Wichtig ist, um eigene Fehler zu kontrollieren, muss man sie zuerst machen. Chamath kehrt zu dem Gedanken zurück, dass die Gesellschaft Menschen lehrt, Fehler zu fürchten, und damit zur Konservativität drängt. Im Poker sieht man das täglich: Ein Spieler hat Angst zu verlieren und beginnt so zu spielen, dass er sich nicht dumm fühlen muss. Doch eben dann verliert er seinen Edge.

Was wir verloren haben, als wir die Community verloren haben

Wenn es um Glück geht, spricht Chamath überraschenderweise nicht über Leistung. Er spricht über Strukturen, die Menschen einst ein Zugehörigkeitsgefühl gaben. Er zieht Parallelen insbesondere zur Religion, die Menschen eine Möglichkeit gab, sich einzufügen, was heute nicht mehr so gilt.

Religiöse Bräuche zerfallen langsam, und soziale Netzwerke haben das noch beschleunigt. Das Ergebnis ist eine Welt, in der sich jeder vergleicht, sich unterbewertet fühlt, und jeder Grund hat, sich so zu fühlen, als würde ihm immer etwas fehlen. Und genau hier schließt sich der Kreis zurück zum Poker: Vergleiche sind kein persönlicher Fehler eines Spielers. Es ist eine schlechte Angewohnheit der Zeit, und Poker macht sie nur sichtbar.

Wenn das Pokervolk eine Erkenntnis von Chamath mitnehmen sollte, dann diese: "Hört auf, euren Wert durch fremde Tabellen zu beweisen. Vergleiche sind eine Schwäche, die euch Energie, Disziplin und Freude am Prozess rauben. Und dann beginnt ihr genau die Fehler zu machen, die am meisten kosten."

Der Sinn dieser Episode ist nicht zu sagen, dass Poker euch „rettet“. Es zeigt eher, wo ihr euch selbst belügt. Und wenn ihr Glück habt, zeigt es euch auch das Zweite: Dass die beste Abwehr gegen Vergleiche eine Community ist, in der Ehrlichkeit herrscht. Und ein Prozess, zu dem ihr zurückkehren könnt, auch wenn das Ergebnis schlecht war.

 

 

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Quellen – PGT, PokerNews, YouTube, HendonMob