1987: WSOP auf ESPN – Der Beginn der Poker-Revolution

Article cover


Es begann alles mit einem Brief

Am 24. Februar 1987, um genau zu sein, schrieb Henri Bollinger, ein erfahrener PR-Agent aus Los Angeles, an den ESPN-Programmmanager David Ogrean. Im Namen von Binion's Horseshoe Casino schlug er vor, eine einstündige oder halbstündige Dokumentation über das WSOP-Main Event 1987 zu senden.

Das Angebot war einfach, aber verlockend: Das Casino würde die Produktionskosten übernehmen und als Bonus würde der Sender einige Werbeplätze erhalten. ESPN, obwohl ein junger Kabelsportsender, erkannte die Chance, etwas Neues, Originelles und zudem relativ kostengünstiges in sein Programm aufzunehmen.

Zu dieser Zeit war ESPN bereits im Wachstum begriffen. Es wurde 1984 von ABC übernommen, und der Sender begann, sich als ernstzunehmender Sportsender zu profilieren. Bis 1987 sahen fast 50 Millionen Haushalte ESPN. Die größte Attraktion des Fernsehens waren die NFL-Spiele, aber der Sendeplan musste noch mit einer Vielzahl von Genres gefüllt werden: von Minor League Baseball über Motorsport bis hin zu - Poker. Für ESPN war dies nur eine von vielen experimentellen Kooperationen. Für Poker jedoch war es ein Schritt in eine neue Ära.


Die Kamera, die Klappe... WSOP!

Das Main Event der WSOP 1987 fand vom 18. bis 21. Mai statt. Die Produktion wurde von Translor Films in Zusammenarbeit mit Trans World International (TWI) übernommen, die über umfangreiche Erfahrungen in der Sportproduktion verfügten. Auf dem Papier sah es perfekt aus.

Bis auf eine Sache: Am 19. Mai fiel eine der Fernsehkameras direkt auf den Fuß eines Zuschauers. Der Vorfall fand Eingang in den Bericht des Casinos, in dem es hieß, die Kamera habe an einem Stuhl gelehnt und sei von einem vorbeigehenden Kunden versehentlich umgestoßen worden. Das Ergebnis? Eine Verletzung und ein anschließender Rechtsstreit. Der Fernsehsender ESPN, der kein direkter Produzent war, wurde wiederholt mit dem Vorfall in Verbindung gebracht, was ihn sehr verärgerte. Schließlich einigten sich Binion's Horseshoe und Translor Films auf eine außergerichtliche Einigung mit dem Opfer.


Poker als Herausforderung für das Fernsehen

Nach dem Turnier wurde sofort mit der Postproduktion begonnen. TWI-Vizepräsident Gordon Smith kündigte am 10. Juni an, dass die erste Fassung des Dokumentarfilms bis zum 20. Juli fertig sein würde. Das war eine optimistische Vorhersage. Moderator Ted Robinson begann die Sendung mit Interviews mit den sechs Finalisten, darunter ein junger Howard Lederer, Dan Harrington, Jim Spain, Bob Ciaffone, Frank Henderson und sogar der verstorbene Gewinner Johnny Chan.

Segmente wie"Wie sich Pokerspieler fit halten" sollten Humor und Menschlichkeit vermitteln - sie zeigten zum Beispiel Puggy Pearson beim Schwimmen im Pool oder Jesse Alt beim Laufen durch Las Vegas. Auch wenn es um Poker ging, wollten die Macher etwas mehr schaffen - eine Geschichte mit Charakteren, Spannung und manchmal sogar Lachen.


Langer Sommer, langsames Tempo

Trotz anfänglicher Bemühungen zog sich das Projekt den ganzen Sommer über hin. Bollinger schickte am 2. Juli ein vollständiges Exposé an TWI, aber erst im September begannen die Pläne für eine ernsthafte Werbung. Pressemappen, Farbfotos, Berichte über das Turnier und sogar eine 44-seitige Broschüre gingen an Nachrichtenredaktionen, Kabelsysteme und PR-Agenturen in ganz Amerika.

Die Empfehlungen waren eindeutig: "Sechs Wochen Vorbereitung vor der Ausstrahlung sind der Schlüssel". Ihr Ziel? So viele Zuschauer wie möglich anzulocken. Man schätzte, dass sich damals mehr als 50 Millionen Amerikaner regelmäßig an den Pokertisch setzten. Der Dokumentarfilm wurde erst am 14. Dezember fertiggestellt, als ESPN die endgültige Fassung erhielt. Wann und wie oft ESPN den Film ausgestrahlt hat, bleibt bis heute ein Geheimnis.

Tatsache ist jedoch, dass dieser Dokumentarfilm eine Brücke zwischen der Welt des Pokers und der Welt des Fernsehens schlug. Und ein Jahr später, 1988, sahen Millionen amerikanischer Zuschauer, wie Johnny Chan Erik Seidel schlug - eine Szene, die später durch den Film Rounders zum Kult wurde.


Der Weg zum Boom

ESPN übertrug die WSOP bis 1998 und erneuerte die Partnerschaft im Jahr 2002. Das Fernsehen war also dabei, als Chris Moneymaker 2003 die Geschichte veränderte, und als im darauf folgenden Jahr, 2004, die NHL-Sperrung stattfand, wurde der dadurch entstandene Sendeplatz durch Poker gefüllt, das sich zu einem Phänomen entwickelte. Und so wurde das, was 1987 als Idee eines PR-Agenten begann, zur Grundlage dessen, was wir heute als Poker-Boom kennen.

 

Quellen - Poker.org, wikipedia, YouTube, PokerListings